Leviticus 19

Einleitung

Die Verschiedenheit der Themen in diesem Kapitels betreffen die Vielfältigkeit des Lebens. Wir sehen hier, dass alle Aspekte des menschlichen Lebens unter der Autorität von Gottes Gesetz stehen.

Die Heiligkeit Gottes als Ausgangspunkt

Das Kapitel 18 war in der Hauptsache negativ; dieses Kapitel umfasst auch positive Elemente. Absonderung ist nicht nur bei bestimmter Form des Bösen angebracht, was in Kapitel 18 im Vordergrund stand. Absonderung richtet sich auch auf ein bestimmtes Ziel oder eine Person hin. Hier geht es um Absonderung für Gott, um positive Hinwendung zu Ihm.

Was in diesem Kapitel behandelt wird, geht das ganze Volk Gottes an und nicht allein Aaron und seine Söhne. Es betrifft nicht so sehr den Priesterdienst, sondern mehr das tägliche Leben des Volkes Gottes. Die Erfüllung dieser Vorschriften ist für jedes seiner Glieder nötig. Nirgendwo im dritten Buch Mose wird das ganze Volk in dieser Weise angesprochen. Gott will seine Heiligkeit in allen Gliedern seines Volkes widergespiegelt sehen. Es ist wie mit dem neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist (Eph 4:24). Den neuen Menschen darzustellen, ist für alle Gläubigen nötig.

In Kapitel 18 liegt der Nachdruck auf dem HERRN, das bedeutet, auf Ihm als demjenigen, der in Verbindung mit seinem Volk steht. In diesem Kapitel liegt der Nachdruck auf der Heiligkeit des HERRN. Wir müssen uns gut vor Augen führen, dass der heilige Gott des Alten Testaments auch der heilige Gott des Neuen Testaments ist (1Pet 1:15; 16). Dass wir nicht mehr unter Gesetz, sondern unter Gnade sind, ändert nichts an Gottes Heiligkeit. Hinter allen Geboten steht seine Heiligkeit.

Verhältnis zu Eltern, Sabbat und Götzen

Beide Gebote die in 3Mo 19:3 erwähnt werden, sind eine Zusammenfassung des ganzen Gesetzes. Es ist die Anerkennung der von Gott gewährten Autorität und der Autorität Gottes selbst.

Ehrfurcht vor Gott, den wir nicht sehen, wird in erster Linie dadurch gezeigt, dass wir Ehrfurcht vor Vater und Mutter haben, die wir wohl sehen können (vgl. Mal 1:6). Vater und Mutter sind die ersten Autoritäten, mit denen wir als Menschen zu tun haben, sobald wir geboren sind. Das Ehren von Vater und Mutter gilt, solange sie leben, und nicht nur, solange wir bei ihnen wohnen. Die Mutter wird zuerst genannt. Auch wenn der Vater gestorben ist, bleibt das Gebot, sie zu ehren.

Das Sabbatgebot wird verbunden mit dem Gebot, Ehrfurcht zu haben vor der ersten Instanz der Autorität, womit ein Mensch auf der Erde zu tun hat. Durch die Beobachtung von Gottes Sabbaten zeigt der Israelit seine Anerkennung Gottes. Bei allen Geboten kann man eine gewisse Nützlichkeit sehen. Bei dem Sabbatgebot ist das nicht direkt der Fall. Ein Mensch kann diesen Tag schnell als einen Tag verlorener Produktivität ansehen. Wer diesem Gebot gehorcht, tut es, weil Gott es gesagt hat.

In der geistlichen Bedeutung legt das Sabbatgebot die Grundlage für alle Beziehungen. Wenn wir in der Ruhe Gottes ruhen, das heißt in dem Werk von Christus, wird es auch in den Beziehungen als Familie Ruhe geben, in der Anerkennung der Verpflichtungen, die Gott darin gegeben hat.

Vater und Mutter (Familie) und Sabbat (Ruhe nach dem Werk) sind bereits vor dem Sündenfall von Gott eingesetzt worden. Sie bilden die Pfeiler der friedlichen Weltordnung und des bürgerlichen Wohlergehens. Alle, die zum Volk Gottes gehören, sollen diese Pfeiler im geistlichen Sinn hochhalten.

Das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, gilt auch für die Gemeinde (Eph 6:2; 3). Das Sabbatgebot kann nicht buchstäblich gehalten werden, weil die Sünde die Ruhe Gottes in Beziehung zu der Schöpfung gestört hat (Joh 5:16; 17). Für die Schöpfung ist die Ruhe noch zukünftig (Heb 4:9). Im geistlichen Sinn ruht Gott in dem Werk seines Sohnes, und darin dürfen auch wir ruhen.

Das Kind, das lernt, Vater und Mutter zu fürchten, wird auch Gott fürchten und sich weit von den Götzen fernhalten. Die Verbindung mit dem Nächsten kann nur gut sein, wenn auch die Verbindung nach oben, mit Gott, gut ist. Wenn Gott nicht mehr vor unseren Blicken steht, weil andere Dinge wichtiger geworden sind – Götzen in welcher Form auch immer –, wird das Verhältnis mit unseren direkten Nächsten, unseren Familiengliedern, abkühlen.

Verordnungen für das Friedensopfer

Alle Formen der Gemeinschaft mit unseren Nächsten, haben nur eine Bedeutung durch das Friedensopfer. Das Friedensopfer, das Gemeinschaftsopfer, soll immer wieder erneuert werden (vgl. 3Mo 7:15-18).

Wir sollen uns immer wieder neu bewusst werden, dass unsere Gemeinschaft miteinander und mit Gott auf dem Werk des Herrn Jesus gegründet ist. Wenn unsere Gemeinschaft, die wir als eine Folge des Werkes des Herrn Jesus erleben, abgesunken ist auf das Niveau dieser Welt, ist die Gemeinschaft ein Gräuel für Gott. Für Ihn besteht nur eine Gemeinschaft: Die Gemeinschaft, die gekennzeichnet ist durch seinen Sohn Jesus Christus (1Kor 1:9).

Reste der Ernte

Die Fürsorge und der Schutz des Nächsten erfolgt aufgrund der Ehrerbietung gegenüber Gott in dem Friedensopfer. Die Opfer des Lobes und Dankes werden untrennbar mit den Opfern der Barmherzigkeit verbunden (Heb 13:15; 16). Die Erntezeit ist eine Zeit der Freude, die wir doch mit anderen teilen wollen. Was andere von uns empfangen, ist kein Verlust oder Verschwendung für uns, sondern bringt uns Segen (vgl. Rt 2:19).

Es ist unsere Aufgabe, dass unsere Armen auch zu essen haben. Es ist nicht der Wille Gottes, dass es arme Israeliten geben würde. Wenn sie aber arm waren, konnte es eigenes Verschulden sein. Aber Gott wollte nicht, dass sich der Reiche dem Armen entzog. Geistlich ist das auch so. Wenn Gläubige im Kennenlernen ihres Reichtums faul gewesen sind, so will Gott doch, dass wir etwas mit ihnen teilen, damit sie von dem Reichtum, den wir kennengelernt haben, mit genießen können.

Nicht stehlen, lügen und betrügen

Diese Ermahnung hatte Gottes Volk nötig. Wir finden sie auch in dem Brief an die Epheser, in dem wir mit den höchsten Segnungen bekanntgemacht werden. In diesem Brief wird nicht nur etwas verboten, sondern auch auf die positive Kehrseite hingewiesen. Anstatt lügen die Wahrheit sprechen; anstatt stehlen geben (Eph 4:25; 28, Kol 3:9).

Meineid, Erpressung und Raub

Es ist eine große Sünde, wenn wir anderen vorenthalten, was wir ihnen schuldig sind. Das gilt sowohl buchstäblich (Jak 5:4), als auch geistlich (Mt 18:32b; 33).

Was wir unserem Nächsten antun, tun wir uns selbst an. Im Leib des Christus sind wir miteinander verbunden als Glieder. Was ein Glied tut, hat Auswirkungen auf das andere Glied. Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit. Dass das nicht immer so erfahren wird, nimmt diese Wahrheit nicht weg.

Sorge für Taube und Blinde

Jemand kann durch ein körperliches Gebrechen taub sein; er kann taub sein, weil er das Verfluchen nicht hört; er kann sich auch taub gegenüber einen Fluchenden stellen (Ps 38:14a). Ein Tauber hört den Fluch nicht, aber Gott hört ihn wohl und rechnet es dem Fluchenden schwer an. Einen Menschen zu beleidigen, der sich nicht wehren kann oder will, wird von Gott wahrgenommen.

Einem Blinden einen Stolperstein in den Weg zu legen, ist auch niederträchtig. Wenn wir geistlich viel Einsicht haben, können wir anderen wohl einen Anstoß in den Weg legen, die möglicherweise für bestimmte Wahrheiten blind sind (1Kor 8:8; 9; Röm 14:13).

Wir sind zu solchen gemeinen Dingen fähig. Selbst David hatte in seiner Seele eine Abneigung gegen die Lahmen und die Blinden (2Sam 5:8). Aber so ist Gott nicht. Und Ihn sollten wir zeigen; wir sind ja nach Ihm geschaffen.

Ehrliche Beurteilung

Eine ehrliche Beurteilung, ohne Ansehen der Person, ist Handeln nach dem Vorbild Gottes. Josaphat handelte gemäß dieser Vorschrift, als er Richter anstellte (2Chr 19:7). Jakobus warnt vor diesem Unterschiedmachen und spricht über „böse Gedanken“ (Jak 2:1-4).

Wir sollen unserem Nächsten nicht nach dem Leben trachten, ihm das Leben unmöglich machen, indem wir über ihn lästern. Wer als Lästerer umhergeht, sät Tod und Verderben unter dem Volk Gottes. In Hesekiel 22 werden auch Mord und Lästerung miteinander verbunden (Hes 22:9a). Wer das Gute für seinen Bruder oder seine Schwester sucht, ist bestrebt, den anderen das Leben in seiner reichsten Form genießen zu lassen inmitten der Gemeinschaft der Kinder Gottes. Der Herr Jesus ist das Leben.

Die Pflicht, zurechtzuweisen

Einen anderen zurechtweisen ist auch eine Form der Liebe und Fürsorge für den Nächsten (Ps 141:5; Spr 27:5; 6). Ertragen der Sünde bei jemandem bedeutet, ihn zu hassen. Wenn der Nächste in seinen Sünden bleibt, fehlt ihm die Gemeinschaft mit Gott und den anderen Gläubigen. Zurechtweisung soll aber in Liebe geschehen. Liebe bedeckt Sünden vor anderen, aber nicht vor dem Sünder selbst. Das „bin ich meines Bruders Hüter“ (1Mo 4:9) ist die Gesinnung Kains und steht dem entgegen, was Gott hier sagt.

Den Nächsten lieben

Dieser Vers zeigt, wie 3Mo 19:17, dass es nicht nur um äußerliche Handlungen geht, sondern dass es eigentlich um innere Motive geht, die zu sichtbaren Handlungen führen. Es geht um die Gesinnung, in der wir handeln.

Für uns gilt noch eine höhere Norm: Einander zu lieben, wie auch der Christus uns geliebt hat. Im Gesetz bin ich die Norm; im Christentum ist Christus die Norm. Wenn ich die Norm bin, werde ich den anderen nicht benachteiligen. Wenn Christus die Norm ist, werde ich mich für den anderen hingeben (1Joh 3:16). Dies ist möglich durch das neue Leben, das ich habe, denn das Leben ist Christus selbst und wirkt nicht anders in mir als in Ihm.

Verbotene Vermischung

Mit den Worten: „Meine Satzungen sollt ihr halten“ beginnt eine zweite Serie von Geboten. Gott verbietet hier drei Arten der Vermischung: von Tieren, von Samen und von Stoffen. Wahrscheinlich sollen wir bei der Vermischung von Tieren nicht in erster Linie an „Begatten“ denken, sondern um das Zusammengehen in einem ungleichen Joch (5Mo 22:9-11). Ebenso wie wir nicht scheiden dürfen, was Gott in seiner Schöpfungsordnung zusammengefügt hat, dürfen wir nicht zusammenfügen, was Gott in seiner Schöpfungsordnung geschieden hat. Er hat alles nach seiner Art geschaffen (1Mo 1:25). In beiden Fällen wird das verdorben, was Gott gegeben hat.

Die geistliche Lektion daraus ist das Verbot, Dinge, die nicht zusammengehören, zu vermischen. Das sehen wir in der Christenheit, wo Gesetz und Gnade miteinander vermischt werden, oder Fleisch und Geist. Dieses Übel wird im Brief an die Galater gerügt. Wir finden das auch in der Vermischung von Glauben an den Herrn Jesus mit heidnischen Philosophien, worum es im Brief an die Kolosser geht. Andere Formen der Vermischung sehen wir in 2. Korinther 6 (2Kor 6:14-18).

Gemeinschaft mit einer Sklavin

Auch Sklaven sollen in ihrem Recht als Mensch anerkannt werden. Eine Sklavin darf nicht auf ein Wirtschaftsgut reduziert werden. Im geistlichen Sinn sehen wir hier noch ein Vorbild einer falschen Vermischung: ein Mann, der Gemeinschaft mit seiner Sklavin hat. Auch das ist anwendbar auf das Sich-eins-Machen mit gesetzlichen Grundsätzen, die man im Leben zulässt. Wer so etwas tut, lädt Schuld auf sich.

Essen von der Frucht des Landes

Wenn das Volk in das Land gekommen ist, ist die Frucht der Bäume, die sie dort pflanzen, zuerst unrein, unbeschnitten. Die Frucht wird in Wirklichkeit noch aus dem Boden genährt, der durch die Kanaaniter bearbeitet ist. Drei Jahre lang ist dem Volk Gottes das Essen davon verboten, weil die Frucht noch zu sehr mit dem Schandfleck des Landes verbunden ist.

Die Frucht im vierten Jahr durfte gegessen werden, sollte aber auch Gott dargebracht werden. Er macht auch auf die Frucht der Bäume sein Erstlingsrecht geltend wie auch bei den Tieren und den Kindern. Die Anerkennung des Erstgeburtsrechts wird zu einer großen Ernte für das Volk führen.

Anwendung: Alles, was aus der Welt kommt, ist unrein. Was nicht aus Gott selbst hervorkommt, ist unrein. Deshalb müssen wir irdische Dinge mit Gottes Wort und Gebet in Verbindung bringen. So heiligen wir die Dinge, die wir in der Welt benutzen (1Tim 4:4; 5). Dadurch empfängt es auch eine reichere Bedeutung, gibt es eine größere Ernte und ist es mehr zur Ehre Gottes.

Götzendienst

Nach dem Zusammenhang, wie es hier steht, scheint das Essen von Fleisch mit dem Blut eine normale heidnische Praxis gewesen zu sein. Auch die anderen Verbote stehen in Verbindung mit der Unterscheidung, die Gott zwischen heidnischen Bräuchen und dem haben will, was passend für ein Volk ist, das mit Ihm, dem Bundesgott, in Verbindung steht.

Er gesteht keinen Schritt in das Reich der Finsternis zu, wie z. B. das Lesen eines Horoskops. Christen, die glauben, dass ihnen das Lesen eines Horoskops nichts antut, auch nicht „nur aus Spaß“, irren sich gewaltig. Jedes Betreten des Reiches der Finsternis ist geistliche Hurerei und unzulässig für einen eifernden Gott.

Dieses Verbot ist auch ein Beweis für seine Liebe zu seinem Volk, das sich mit derartigen Dingen selbst ins Verderben bringen würde. Das Land würde voller Schandtaten werden und zu einem falschen Zeugnis gegenüber den umliegenden Völkern werden. Saul hat sich an dieses Gebot von 3Mo 19:30 nicht gehalten und ist deshalb umgekommen (1Chr 10:13).

Ehrerbietung, Liebe und Recht

Das Alter zu ehren bedeutet, Gott zu ehren. Alte Menschen, die mit Gott leben, können mit Gottes Anerkennung rechnen (Spr 16:31; Spr 20:29). Es zeugt von Weisheit, wenn wir Ihm darin folgen. Wir können aus ihren Erfahrungen lernen (Hiob 32:6; 7). Heute werden alte Menschen in keiner Weise mehr geachtet. Euthanasie ist in einzelnen Ländern schon ein gesellschaftlich empfohlenes Mittel zur Bewältigung des Altersproblems. Ein Land, das so mit seinen alten Menschen umgeht, wird in Unordnung entarten (Jes 3:5).

Gottes Volk soll nicht nur den Nächsten, das ist sein Volksgenosse, lieben. Seine Liebe soll auch zu dem Fremden gehen, der in seinem Land ist. Gottes Volk vergegenwärtigt einen Gott, der auch Liebe ist. Das haben sie ja selbst erlebt, als sie Fremdlinge in Ägypten waren und Er sich um sie kümmerte und sie aus der Sklaverei führte. Für uns ist es auch so, dass lieben und Liebe geben uns leichter fällt, wenn wir daran denken, wie viel Liebe uns gegeben worden ist. „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1Joh 4:19).

Rechtsprechen und mit einem ehrlichen Maß messen zeigt Achtung vor dem HERRN, für seine Erlösung und für den Nächsten, der aufgrund desselben Erlösungswerkes mit Ihm in Verbindung steht. Unrecht zu tun unter dem Schein des Rechts, ist Betrug und Heuchelei. Der Gebrauch von zu großen Maßen beim Kauf von Gütern und von zu kleinen Maßen beim Verkauf von Gütern bringt wohl Gewinn, dieser ist aber unrechtmäßig erlangt und geht auf Kosten des Besitzes des Nächsten. Dieses Übel wird von Gott oft angeprangert (Spr 20:10; Spr 20:23; Amos 8:5b; Mich 6:10).

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